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Geschichte für ein Badewannenbuch

Bert bietet Unterricht an: Training in einfacher Ästhetik.
Er hat sich einige leichte Übungen für den Anfang ausgedacht, etwa das Aufschlagen eines Buches oder das Waschen der Füße. Mit steigender Stundenzahl werden die Aufgaben immer konkreter: man könnte einem Vogel im Flug nachsehen oder den Weg des Windes im Rauschen der Blätter verfolgen. Über Genauigkeit will Bert nicht sprechen, sie sei nur das Mittel, nicht der Inhalt seiner Übungen.

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Der Sommer ist für A die Zeit der langsamen Wahrnehmung. Sie könnte den Tag auf dem Balkon zubringen, damit beschäftigt aus den Geräuschen auf die Tageszeit zu schließen: die zweckbezogenen Verrichtungen des Vormittags, langatmig und gelassen, die schläfrigen, gleichgültigen um die Mittagszeit, die plötzliche Hektik des Nachmittags, das Hupen und Stöhnen der überhitzten Autos, um ihre Spielzeit beraubte Kinder auf dem Rücksitz, verdrossene Mütter am Steuer.
Gegen Abend dann laufen die Geräusche in langen Wellen aus, Fernsehstimmen mischen sich ein, die Schreie vom Zoo, biertrinkende Balkonbesitzer.

»Das Badewannenbuch ist ein Buch ohne Personen. Bert könnte höchstens als der Entwurf einer ausdrücklich nur gedachten Person gelten und A ist das illustrierte Innenleben eines Rückzuges« notiert A, die vom Rotwein, der Mittagshitze und den Träumen noch etwas angegriffen zu sein scheint.

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