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Vorstellung einer Stadt
So eindeutig gehören Ankunft und Abfahrt nur auf dem Bahnhof zusammen. Ankommen, weiterreisen, abfahren in ein offenes Fenster gefaßt.
Die Stadt hat vier Bahnhöfe in den Himmelsrichtungen der Reiseziele. So kann man von der Stadt nur wegfahren oder in ihr ankommen, aber nicht an ihr vorbeikommen. Kopfbahnhöfe.
A ist über Nacht gefahren, wird um halb sechs geweckt, als der Zug durch die Vorstädte rast, die Gleise sich langsam bündeln. Dann ein Gleisfeld, die Einfahrt, Großstadtromantik der Großväter denkt sie, als die Lichter aufblitzen, Türen auffliegen, Männer in geknitterten Mänteln, Morgenzigaretten in den Mundwinkeln, Frauen mit gepackten Taschen sich aus den Abteilen schälen.
A beißt in einen Apfel, gräbt die Zähne durch die Schale ins Fleisch, bis sie sich festhaken, reißt ein Stück los, die Säure zieht in den Mund und als könnte sie so den ersten Biß verlängern, beschreibt sie einen Bogen und läßt die Hand mit dem Apfel sinken.
Die Stadt beginnt schon auf dem Bahnhof. Eine Hallenstadt mit Eisenstreben, die einen zugespitzten Glashimmel halten. Darunter der angebrochene Morgen, die Zeitungen, die Cafés mit den hohen Theken, Seifenwassereimer, Reinigungsarbeiten. A und der Freund gehen in eines der Bahnhofscafés mit den kleinen Tischen und den teueren Beobachterplätzen vorbei, setzen sich in Thekennähe auf eine Lederbank. Daneben das Gepäck, eine Fortsetzung des Zuges. A bestellt zwei Tassen Kaffee, nimmt dazu Croissants aus einer Plastikdose vom Tisch. Die ungewohnten Gebrauchswörter, fremde Sprache, alltäglich gebraucht, verzaubert die einfachsten Vorgänge.
Das sind die Anknüpfungspunkte der Werbung, die Neugier auf die Worte zu den Bildern, die man sieht, denkt A. Und jetzt erinnert sie sich: wie sie sich als Kind bei den öden Spazierfahrten gewünscht hat, die Ladenschilder, Ortsnamen und Reklametafeln lesen zu können.
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